Unser letzter Klassenausflug am Gymnasium Achern führte im Jahre 1969 auf das ,Laufer Schloss‘ ( Burgruine Neuwindeck).

50 Jahre später habe ich dieses Ziel im Gedenken an einen kurz zuvor verstorbenen Klassenkameraden Michael ‚Rainer‘ F. wieder erwandert und noch eine Überschreitung des höchsten Berges des Nordschwarzwaldes, der Hornisgrinde, angeschlossen.

Start in Achern; als erstes Besuch einer Lieblingsstätte: der Alte Illenauer Friedhof. Er war Bestattungsort vor allem für die in der Heil- und Pflegeanstalt Verstorbenen, 1842 als fortschrittlichste Einrichtung gegründet. Im dichten Wald stehen Grabmale von 1858-1940 und darüber hinaus und erzählen Geschichten.

Eingangstor

Doch bereits beim Zugang finden sich nahe dem Heizhaus der ehemaligen Einrichtung historische Relikte.

Hühnerweide – ganz nah da, wo ich 8 Jahre lang gewohnt habe.

Zurück auf dem Friedhof, einige Impressionen:

Nach Sophie von Harder ist die Grundschule in Sasbach benannt. Gönnerin der Illenau
Besuch auch immer bei Eugenie, einem Mädchen, das als Neunjährige am 26. 07. 1877 vom Stuhl gefallen und dabei verstorben ist.

Weiter durch meinen Geburtsort Sasbach auf eine Anhöhe, den ,Mergebuckel‘. Hier stand am 27. 07. 1675 die Kanone, die den französischen Marschall Turenne einige Kilometer weiter mitten im Ort tödlich getroffen hat. Damit ging im Rahmen des Holländischen Krieges die Schlacht von Sasbach für die Franzosen verloren. Das hat uns in den fünfziger Jahren wenig interessiert, als wir im Winter bei viel Schnee und den Buckel hinunter bis in den Bach gerodelt sind, vorbei am Milchhäusle.

Ein Stück weiter gelange ich zum Lindenhaus, dem ehemaligen Wohnort der Sophie von Harder. Mehr dazu hier. Von dem ursprünglichen, 1845 errichteten Wohnsitz gibt es heute nur noch ein Nebengebäude und die alte Linde.

Jetzt aber endlich bergauf! Hinauf auf das ‚Laufer Schloss‘, der Burgruine Neuwindeck, die ihren Ursprung um 1300 hat! Obwohl nur auf 310m ü NN bietet sich vom Burgfried eine phantastische Aussicht auf die Rheinebene, hinüber bis Straßburg und zu den Vogesen.

Das Laufbachtal aufwärts führt ein interessanter Energiepfad mit Informationen über die Nutzung der Wasserkraft.

Ein beschaulicher Weg, immer mit dem plätschernden Wasser im Ohr.

Er endet am alten Stausee der Glashütte, die ab dem ausgehenden 16. Jh als solche in Betrieb war.

Gänsemarsch – noch bis zum St. Martinstag

Das historische Gasthaus ist leider nicht mehr in Betrieb, es beherbegt seit einem Jahr eine regionale Brauerei. „Genusspezialitäten aus dem Nordschwarzwald“

Gestärkt von Müsliriegel und frischem Quellwasser steigt das Gelände steil an, die Höhenlinien auf der Wanderkarte rücken eng zusammen. Und so, wie das Wasser nebenan immer noch abwärts gluckert, erlebe ich beim Aufwärts-Steigen einen Flow, der mich beständig bergan trägt. „Schritt für Schritt wird Weg gewonnen.“ (Herbert Hahn).

Bis ich die Unterstmatt an der Schwarzwaldhochstraße erreiche, hat die Sonne den Kampf mit den Gipfelwolken gewonnen und ich kann mich zwischen Motorradfahrern und Mountainbikern in der ‚Großen Tanne‘ an einer Maultaschensuppe stärken.

Gut 200 weitere Höhenmeter sind es noch bis auf die Hornisgrinde. Die Sonne wirft lange Schatten auf den roten Buntsandstein.

Schließlich auf 1164 m angekommen stellt sich die Frage: ist das Gipfelglück?

Windpark und SWF-Fernsehsender

Der Blick nach Osten zeigt relativ klar Bergeshöhen bis weit zur Schwäbischen Alb hin, während im Westen die Rheinebene sich sich bekannt diesig darstellt.

Es ist Feiertag, Tag der Deutschen Einheit. Und entsprechend Wander- und Ausflugsbetrieb auf dem Gipfelkamm. Doch beim betrachtenden Umherschreiten in der Sonne wird mir deutlich, dass ohne den Mauerfall vor fast genau 30 Jahren auch der Stacheldrahtzaun der Franzosen um die Hornisgrinde nicht so rasch verschwunden wäre. Zunächst ist eine weitere Stärkung notwendig, wieder in der neuen Grindehütte.

,Straßburger‘ mit reichlich Holzofenbrot und Radler – lecker und empfehlenswert!

Das neue Ausflugslokal schließt schon um 17:30 Uhr und schlagartig reduzieren sich auch die Besucherzahlen. Der Bergrücken, der auf seiner Höhe ein Moor trägt wird in der goldenen Spätnachmittagssonne einsamer. Und nach dem Glück des Aufwärts-Steigens entwickelt sich nun bei mir ein Gipfel-Flow.

( In der Psychologie: Zustand höchster Konzentration und völliger Versunkenheit in eine Tätigkeit) oder auch in die Besonderheit des Ortes. Die folgenden Fotos können dies nur rudimentär wiedergeben.

Grindenschwarzwald
Hochmoor
Ich stehe da oben, rufe laut: „Oh Manno!“
Atme tief durch und bin einfach nur – – –
glücklich!

Bergab führt der Weg an die Stelle, an welcher sich an klaren Wintermorgen der beste Blick bis hin zu den Alpen öffnet. Und auch hier dann ganz überraschend das Phänomen der ,changierenden Wahrnehmung‘: Sind es Wolken dort am Horizont oder tatsächlich Hochgebirgsspitzen? Der optische Sinneseindruck steht auf der Retina; die dahinterliegenden Systeme müssen bewerten, vergleichen und entscheiden. Und tatsächlich: die Wolkenformationen mehr rechts gingen weiter links in zackige Spitzen über. Das müssen die Alpen gewesen sein! Gänsehaut!

Da ist es auch wieder: Enrosadira – die Begeisterung für die Alpen! Das Alpenglühen, das Glühen für die Alpen! Wenn auch nicht in zarten bis kräftigen Rottönen , so doch im übertragenen Sinn.

Sogar der trubelige Rummelsee liegt um diese Zeit fast beschaulich dar.


03. Oktober 2019, Tag der (deutschen) ‚Einheit mit sich selbst‚.

So habe ich es erlebt.


1218m aufwärts – 345m abwärts

2 Kommentare

Astrid · 10. Oktober 2019 um 7:57

Guten Morgen lieber Uwe,

bisher war ich stille Mitleserin auf Deinem Blog, heute will ich auch einmal ein Kommentar hinterlassen. Wie Du habe ich meine Kindheit in Sasbach verbracht und erkenne alles wieder. Das Laufer Schloss, Ziel unzähliger Schulausflüge, genau wie der Lago di Mummel oder die Hornisgrinde. An den Zaun, der früher oben stand, erinnere ich mich auch noch, genauso wie an die unzähligen Legenden und Geschichten rund um den Illenauer Friedhof oder das Lindenhaus. Auch ich kehre ein bis zwei Mal im Jahr noch zurück in meine Heimat obwohl ich mich längst im Teutoburger Wald zu Hause fühle. Aber Wurstsalat gibt es hier halt nicht :-). Und nicht Mamas Käsekuchen.

Liebe Grüße von Astrid
reisehop.blogspot.com

Uwe Möller-Lömke · 13. Oktober 2019 um 15:40

Dank an #reisehop! Schön, wenn sich das virtuelle Leben im Tatsächlichen wiederfindet! Einmal badisch, immer (etwas) badisch! 💛❤️

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