Tag 1: Auf den Wegen der Postreiter

Wegweiser Wanderweg x 1648 in Osnabrück

Der Westfälischer-Friede-Weg x 1648 verbindet die beiden Konferenzorte Osnabrück und Münster, in denen vor 372 Jahren der 30-jährige Krieg per Friedensschluss beendet wurde. Eine geschichtsträchtige Strecke, auf der vor den Zeiten von Telefon und Internet Boten und Botenreiter unterwegs waren, zum Informationsaustausch zwischen den evangelischen und katholischen Lagern. „Als erster nahezu gesamteuropäischer Kongress ist der Westfälische Friede ein Schlüsselereignis in der Entwicklung zum modernen Europa.“ Mit diesen Informationen im Hinterkopf geht es von Osnabrück zunächst west- und dann weit südwärts ins Münsterland.

Der Hauptwanderweg des Westfälischen Heimatbundes verlässt bei Km 3 (meine Zählung) den Innenbereich der Friedensstadt durch das Heger Tor, um 25 km später in Lengerich das Torhaus Römer zu passieren.

Zwischendurch passiert er im Osnabrücker Land historische Nutzgebäude wie den alten Wasserturm in Hasbergen und die Natruper Mühle.

Besonders beindruckend für mich sind zwei Friedensstelen, die neueren Datums sind und Bezug nehmen auf die Historie der Städteverbindung, als noch kein ICE MS -> OS in 24 Minuten erledigte. Die Erste zeigt zwei Gesandte, päpstlicher (Fabio Chigi) und schwedischer (Johann Oxenstierna) Herkunft, die einen großen Teil der Verhandlungsarbeit durchgeführt haben. Die Zweite gedenkt als ‚Jauchtzender Bothe 1643‘ im wahrsten Sinne des Wortes dem Fußvolk, das die Schriftwechsel der Gesandten zuverlässig hin und her transportiert hat. Und das über Jahre. So kann der aktuelle Wanderer ein breites Spektrum des damaligen Geschehens in peripatetischer Weise (Beim Gehen denken, beim Denken gehen) erörtern und ergehen.

Ein ganz besonderes Highlight überrascht den Fußgänger ganz unerwartet kurz vor dem Tagesziel, wenn die Kräfte schon deutlich nachlassen.

Anwohner haben eine Biergartengarnitur direkt am Weg einladend hergerichtet mit heißem Wasser für Tee oder Kaffee sowie Saft. Sehr gerne wird diese Offerte angenommen. Herzlichen Dank dafür! Ein Gästebuch kündet von begeisterten Besucher*innen. Nach etwas mehr als einer Marathondistanz (42,5 km) am ersten Tag in Ladbergen angekommen führt kein Weg vorbei am ‚Möllers Hof‘ und seinem Angebot.

Tag 2: Der Friedensbote lahmt

Jeder sport- und wanderphysiologisch Erfahrene würde an eine Marathondistanz am Folgetag nicht noch mal eine solche anschließen. Ich hatte es trotzdem versuchen wollen und startete mit einem selten erlebten Muskelkater in die zweite Etappe. Die Zeiten ließen sich eigentlich gut an: 11 – 12 Minuten pro Kilometer. Auch die äußeren Rahmenbedingungen waren nicht schlecht: bedeckt, Westfälischer Stippelregen, viel Wind.

Aber auch auf diesem Abschnitt gab es wieder wie schon am Vortag Asphaltabschnitte ohne Ende. Gefühlt etwa 75 %; das mag ideal für Radfahren im Münsterland sein, weniger allerdings für Fußwanderer. Ein besonderes Highlight war trotzdem die Wegführung durch das NSG Bockholter Berge. Nach dem Überqueren der Ems wurde das Stadtgebiet Münster erreicht; es kündigte sich durch einen heftigen Wind aus den Rieselfeldern an. Dieser vermittelte den Eindruck, dass die Rieselfelder tatsächlich noch als riesige Stadtkloake in Betrieb sind. Doch zunehmend forderte die Übersäuerung der Muskeln immer mehr ihren Tribut: Nachdem sich die Zeiten auf 20 Minuten pro Kilometer ausdehnten und das Fortkommen nur noch sehr mühsam war, machte ich nach 26 Km Fußwegstrecke Schluss und steuerte die nächste Bushaltestelle in MS-Handorf an. Dann ging’s mit dem ÖPNV für die letzten 9 Km in die Stadt und dort doch noch Besuch einiger wichtiger Orte: Vor allem die tonnenschweren Bänke von Eduardo Chillida auf dem Platz des Westfälischen Friedens waren für mich schon seit langem eine wichtige Begegnung mit zeitgenössischer Kunst. Chill Out im Lieblingscafé Liebigs an der Lambertikirche.

‚Toleranz durch Dialog“ – besser könnte die Arbeit am ‚Westfälischen Frieden‘ in Kürze nicht charakterisiert werden. In vollem Umfang gilt das für heute in besonderer Weise!

Am Abend war immerhin noch ein entspannendes Abendessen im ‚Großen Kiepenkerl‘ möglich. Ein ausgleichender Abschluss einer grenzwertigen Friedenstour. Zum Glück!

Mein Bewegungsbild entsprach übrigens so ziemlich dem, wie es der Jauchtzende Bothe 1643 darstellt! Siehe Foto oben.

Und warum?

Warum diese ganze Unternehmung? Weshalb die Strecke von Osnabrück nach Münster zu Fuß? Diese Frage beantwortet der nächste Blogbeitrag. Coming soon!

Update 03. 08. 2020: Ist online, hier!


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